Auf dem Klärwerk Gut Großlappen wurden die anfallenden Überschussschlämme bisher statisch eingedickt. Dabei galten besonders der einzudickende Schlamm aus der Biologie 2 sowie der Überschussschlamm aus der separaten Prozesswasserbehandlung aufgrund seiner Flotationseigenschaften als „schwierig“. Der eingedickte Schlamm wurde in weiterer Folge über Exzenterschneckenpumpen mit einer Förderleistung von 90m3/h über eine Länge von 300 m zur anaeroben Weiterbehandlung gepumpt und homogenisiert. Vor dem mit Hiller realisierten Projekt konnte der eingedickte Schlamm mit max. 5 - 6 % TR zu den Faultürmen gepumpt werden. Ein höherer Eindickgrad führte zu einem Druckaufbau in den Rohrleitungen, der von den eingebauten Pumpen nicht mehr zu bewältigen war.
Die Überlegungen der Betriebsverantwortlichen waren, den Überschussschlamm aus der Biologie 2 und aus der Prozesswasserbehandlung zukünftig maschinell einzudicken. Für die erforderliche hydraulische Entlastung der Faulturmkapazitäten war die Zielsetzung eine Erhöhung des Eindickgrades auf 8 % TR. Im März 2019 wurde deshalb die Firma Hiller mit einer großtechnischen Versuchsdurchführung mit einer mobilen Eindickzentrifuge beauftragt.
Ziel der Versuchsdurchführung war es, belastbare Leistungsdaten zu liefern, die für einen Systemvergleich der vorliegenden Ergebnisse bei statischer Eindickung gegenüber möglichen Resultaten bei maschineller Schlammeindickung mittels Eindickzentrifuge herangezogen werden können. Zusätzlich sollte der Effekt einer Desintegration des Überschussschlammes mittels des in der Eindickzentrifuge integrierten „Lysatgeschirrs“ dokumentiert werden.
Konkrete Schwerpunkte, die im Zuge der Versuchsstellung aufgezeigt werden sollten:
- veränderte Pumpfähigkeit (Fließfähigkeit) des eingedickten Schlamms mit und ohne aktiver Desintegrationseinrichtung
- Ergebnis- bzw. Betriebsstabilität des vorgewählten Eindickgrades
- Betriebskosten (Flockmitteleinsatz, Stromverbrauch)
- Flexibilität des Systems hinsichtlich unterschiedlicher Schlammeigenschaften
- Betreuungsintensität des maschinellen Eindickprozesses
Dokumentierte Resultate:
- Der Überschussschlamm lässt sich mit oder ohne Lysattechnologie sehr stabil und wahlweise von 4 - 10 % TR eindicken.
- Bei Betrieb mit aktiver Desintegrationseinrichtung kann die Viskosität des eingedickten Schlammes um ca. 1/3 reduziert werden.
- Das bestehende Pumpsystem konnte einen auf 8 % TR eingedickten Schlamm über 300 m problemlos fördern. (Es wurde dabei eine Druckreduzierung um 33 % gegenüber dem Betrieb ohne Desintegrationseinrichtung dokumentiert)
- Ein stabiler Abscheidegrad im Zentrat > 98,5 %
- Die Ergebnisse sind unabhängig der einzelnen Schlammspezifikationen reproduzierbar
Die aus der verlängerten Aufenthaltszeit im Faulturm durch Volumenreduktion erzielten Effekte, eine erhöhte Faulgasausbeute mit verbesserten Stabilisierungsgrad und einem erhöhtem Organik-Abbau waren für die Entscheidungsträger der Münchner Stadtentwässerung die Grundlage, eine entsprechende Investition im Oktober 2020 öffentlich auszuschreiben. Es folgte eine Projektausschreibung, welche von den Bewerbern konstruktive sowie verfahrenstechnische Erfahrung und konkrete Referenzen im spezifischen Marktsegment der maschinellen Überschussschlammeindickung und Desintegration einforderte.
Die Hiller GmbH konnte ihren erarbeiteten Know-how-Vorsprung einsetzen und erhielt den Zuschlag für den Bau einer kompletten Eindickanlage für 100 m3/h, welche in einer Doppelstockcontaineranlage einzuplanen war.
Die neue Eindicklinie wurde im April 2022 in Betrieb genommen und bestätigte von Beginn an die Ergebnisse aus dem Probebetrieb. Über eine extern beauftragte wissenschaftliche Begleitung der Betriebsergebnisse soll der Prozesseinfluss der Klärschlammdesintegration bis hin zu den verbesserten Entwässerungseigenschaften ausführlich untersucht und dokumentiert werden.
Wir bedanken uns bei der Münchner Stadtentwässerung für die außergewöhnlich gute und konstruktive Zusammenarbeit und das entgegengebrachte Vertrauen der projektverantwortlichen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.